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Glossar Titel

Die menschliche Seele
(Nach Platon, Aristoteles, Kant und Freud)

Nachdem ein Teil der Neurowissenschaftler in Interesse geleiteter Scheinaufklärung die Seele (Psyche) als eine Illusion „erwiesen“ hat, damit umso ungestörter die Manipulation der Seele funktionieren kann, ist es angebracht an das zu erinnern, was allen Menschen zukommt, ohne das sie nicht wären und auch die Existenz einer Seele nicht bestreiten könnten.

Die Seele bei Aristoteles und Platon

Nach Aristoteles kann man drei Teile der menschlichen Seele unterscheiden: Das Lebensprinzip (anima vegetativa), das auch die Pflanzen und Tiere besitzen; die Empfindungsfähigkeit (anima
sensitiva
), die auch den Tieren zukommt und zu der im Wesentlichen unsere fünf Sinne (Tastsinn, Sehsinn, Hörsinn, Geruchssinn und Geschmackssinn) gehören; und schließlich die oberen Seelenvermögen, Verstand und Vernunft, die nur dem Menschen zukommen.

Kritik der Hypothese von der Unsterblichkeit der Seele

Da nach Platon die Seele das Prinzip des Lebens ist, kann sie nicht mit dem körperlichen Tod des Individuums (dem Prinzipat) zugrunde gehen, etwa wie eine Quelle nicht versiegt, wenn man dem Bach ein neues Bett bereitet. Doch diese Argumentation (und damit die christliche Vertröstung eines Weiterlebens nach dem Tode) widerlegt Aristoteles mit dem Hinweis, dass sich Prinzip und Prinzipatum wechselseitig begründen: Ein Prinzip ist nur Prinzip, wenn es ein Prinzipatum bestimmt, und ein Prinzipatum existiert nur, wenn es von einem Prinzip bestimmt wird. Beide sind Reflexionsbegriffe, die nicht unabhängig voneinander existieren. Stirbt also der Körper, dann auch das in ihm inkarnierte Lebensprinzip. Da das Denken aber nicht nur individuell ist, kann es als Nous (Vernunft) überleben, indem es tradiert wird, aber nicht als individuelle Seele. Der Mensch kann also nur körperlich fortleben in seinen Kindern und geistig in den Schriften, die er veröffentlicht und so tradiert.

Die Seele bei Kant

Im Laufe der Geschichte der Philosophie ist vor allem der Begriff der Seele (oder Psyche), der den bewussten Teil des Menschen darstellt, untersucht worden. Für Kant gibt es ein empirisches und ein transzendentales Ich oder Bewusstsein. Da das empirische Ich, das sich aus der individuellen Wahrnehmung speist, weniger als ein Traum wäre, wenn es nicht eine logische Anatomie hätte, die unsere sinnlichen Eindrücke ordnete und zur Erfahrung bestimmte, ja selbst noch im Traum zumindest den einzelnen Bruchstücken der Fantasie eine Kontur gäbe, so bedarf es, um in der Natur zu überleben eines transzendentalen Ichs. Dieses besteht aus den Formen der Anschauungen Raum und Zeit und den Kategorien, mit denen wir die aus der Wahrnehmung verallgemeinerte Erfahrung konstituieren (eine Verfassung geben). Das menschliche Ich ist sozusagen der Schnittpunkt von empirischem und transzendentalem Subjekt. Die Erkenntnis von empirisch gegebenen Gegenständen des Denkens leistet der Verstand als das Vermögen zu urteilen und zu Begriffen. Die Zusammenfassung der Resultate des Verstandes zu einer Wissenschaft ist nach Kant die Vernunft, das Vermögen zu schließen und zu Ideen (reinen Begriffen, ohne empirischen Inhalt). Indem ich diese Vermögen der Sinnlichkeit und des begrifflichen Denkens reflektiere, habe ich ein Selbstbewusstsein. Dieses weiß, dass alle Bestimmungen unseres Bewusstseins von uns produziert sind. Ihre Wahrheit erweist sich durch ihre logische Stimmigkeit (Widerspruchsfreiheit) und durch ihre Bewährung in der Praxis, wenn die Bestimmungen zur Bedingung der Möglichkeit heutigen Lebens geworden sind (wie etwa die Newtonsche Mechanik und die Mathematik).

Oberste formale Voraussetzung des Bewusstseins und Selbstbewusstseins (Denken des Denkens) ist die Einheit des Bewusstseins („Einheit der Apperzeption“), denn ohne diese wären Widersprüche gar nicht zu erkennen (oder wie Ockham sagt: Ein Teil eines Gegenstandes könnte zugleich im Himmel sein, ein Teil auf der Erde und ein Teil in der Hölle). Nach Kant kann es nur eine Wissenschaft von den transzendentalen (logischen) Bestimmungen der Seele geben, nicht aber von der empirischen Seele, denn diese ist so mannigfaltig wie es Menschen gibt. Die transzendentale Wissenschaft wie auch die Logik kann immer nur bestimmen, wie wir denken sollen, damit wahre Erkenntnis entsteht, nicht aber wie wir wirklich hier und jetzt denken.

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Die Seele bei Freud

Genau dies aber wollte Freud erforschen, um seelische Krankheiten heilen zu können. Dafür musste er eine Vorstellung einer gesunden Seele entwickeln. Für Freud besteht die Seele bzw. der psychische Apparat aus drei Instanzen, dem Es, Ich und Über-Ich, die miteinander in Wechselwirkung stehen.

Das Es

Da ist zunächst das Es. Dieses bildet den Triebpol der Persönlichkeit. Das Es ist psychischer Ausdruck der Triebe, teils bewusst, größtenteils unbewusst, einerseits angeboren, andererseits erworben oder verdrängt. Das Es ist eher chaotisch als strukturiert und muss deshalb vom Ich organisiert werden – soweit es bewusst ist. So wären wir, was unsere Sexualität betrifft, ohne das Ich polymorph pervers, was nach Freud ein Zusammenleben von Menschen unmöglich machte. Da das Es immer auch das Ich überwältigen kann, vor allem wenn die Sozialisationsphase des jungen Menschen nur kurz ist oder misslingt, hat das Christentum und andere Religionen ein Ideal der Askese aufgestellt, das im Mönchstum mit seinem Zölibat seinen Ausdruck gefunden hat. Man kann aber nicht auf Dauer die Triebe unterdrücken ohne seelische Krankheiten, Perversionen und unterschwellige Dominanz des Es über das Ich zu erzeugen. Gegen diese Triebunterdrückung ist schon Abaelard im 12. Jahrhundert, angeregt durch die entstehende städtische Kultur mit ihrer Raffinierung der Genüsse, eingetreten und hat auf dem natürlichen Recht des Körpers bestanden.

Das Über-Ich

Auf der anderen Seite des Ichs steht das Über-Ich. Dieses ist die Instanz der Persönlichkeit, die verinnerlichte Normen und Regeln der Gesellschaft repräsentiert. Es ist vergleichbar einem Richter oder Zensor des Ichs. Im Über-Ich sind das Gewissen, die Selbstbeobachtung, die Idealbildung Funktionen. Auch enthält es das Ichideal, also die Vorstellung, wie das Ich idealerweise sein sollte. Ontogenetisch ist es die verinnerlichte Stimme der Eltern (bzw. der Elterninstanz) im Kind und wird etwa nach dem 10. Lebensjahr verinnerlicht, wenn die Sozialisation gelungen ist. Dabei zeigt sich oft, dass die „Strenge“ des Über-Ichs gegenüber den Eltern genau umgekehrt sein kann: Eine autoritäre Erziehung führt zu einem schwachen Über-Ich, eine milde Erziehung zu einem strengen Über-Ich. Wenn sich das Über-Ich völlig vom Ich abgetrennt hat, kann das zu pathologischer Trauer oder Melancholie führen. Der Philosoph Kant hat, weil das Gewissen oft irrational funktioniert, gefordert, dieses zu reflektieren und durch die gewusste praktische Vernunft auf der Basis des kategorischen Imperativs  zu ersetzen.

Das Ich

Das Ich ist die wichtigste Instanz des psychischen Apparates der Persönlichkeit des Menschen. Es ist das Realitätsbewusstsein, der Wille der Person. Das Ich repräsentiert die Rationalität. Es hat psychisch gesehen die Aufgabe, zwischen den Ansprüchen des Es, des Über-Ichs und denen der Außenwelt zu vermitteln. Das Ich ist als Instanz das Subjekt oder sollte es sein, das relativ zu den anderen Instanzen und zur Außenwelt autonom ist, obwohl es auch ins Unbewusste fließend in Beziehung steht. Das Ich kann auch Objekt seiner selbst werden in der Eigenliebe bis hin zum pathologischen Narzissmus. Das Ich ist das Selbst der Persönlichkeit und zugleich ein Teil der Persönlichkeit als psychische Instanz gegenüber den anderen Instanzen. Wird das Ich sich seiner selbst bewusst, ist es Ich- oder Selbstbewusstsein. In weiterer Bedeutung hat das Ich die Aufgabe der Erinnerung, Wahrnehmung, Realitätsprüfung, Antizipation, des rationalen Denkens usw.

Die drei Instanzen der Seele sind aber nicht strickt voneinander getrennt, sondern bloß begrifflich in der Analyse klar geschieden. Das Ich „fließt nach unten hin“ mit dem Es zusammen. Auch das durch das Ich Verdrängte fließt mit dem Es zusammen. Ähnlich ist das Über-Ich keine eindeutig autonome Instanz, sondern als zu großen Teilen unbewusst „taucht es in das Es ein“. Das Es des psychischen Apparates hat auch eine fließende Grenze zum Biologischen, zum Körper und ist „am Ende gegen das Somatische offen“.

Indem das Ich zwischen den Ansprüchen von Es, Über-Ich und Außenwelt zu vermitteln hat, ist es die Stätte des Konflikts. Entscheidend dabei ist die Ich-Stärke, die sich nur im Konflikt mit diesen Ansprüchen und dem Widerstreit der Affekte bildet. Es benötigt einen inneren „moralischen Mut“, um sich angemessen zu entscheiden und entsprechend zu handeln. So werden etwa Ansprüche des Hungers oder Sexualtriebs vom Ich abgewehrt und auf eine spätere Befriedigung verschoben, wenn das Über-Ich gravierende Regelverstöße der Gesellschaft anmeldet oder die äußere Situation die Befriedigung der Triebe mit Gefahr für die Person anzeigt.

Da das Ich den Streit der Affekte und der anderen psychischen Instanzen austragen muss, ist es auch der seelische Ort, in dem es zu pathologischen Verwerfungen kommen kann. Dazu gehören die Verdrängung bedrohlicher Vorstellungen, die dann unbewusst wirksam sind; die hysterische Abwehr, indem das Abgewehrte auf ein Symbol projiziert wird, das dann krankhaft besetzt ist; der Todestrieb, der beim Versagen des Selbsterhaltungstriebes – durch äußere oder innere Mechanismen bedingt – zum Tragen kommt; die halluzinatorische Wunschbefriedigung, die Neurose, manische Depression, Depersonalisierungszustände und anderes.

Durch die kapitalistische Industriegesellschaft leiden viele Lohnabhängige unter einer permanenten Ich-Schwäche, weil sie in wesentlichen Teilen ihres Lebens (Produktion und Konsum) permanent fremdbestimmt sind. Diese Ich-Schwäche kann kompensiert werden durch Identifikation mit einem Mächtigeren oder scheinbar Größeren. So wirkte sich die Identifikation mit der Nation (Nationalismus) 1918 nach dem verlorenen Krieg als große Unsicherheit aus, indem die Ich-Schwäche vieler Menschen offenbar wurde. Dies nutzte die Propaganda der deutschen Faschisten aus, indem sie den „Führer“ als Identifikationsobjekt stilisierte. Die Menschen, die sich mit ihm identifizierten und dadurch ihr Ich stärken wollten, haben psychologisch das Realitätsprinzip missachtet, sie haben gegen ihre Interessen eine Abenteurerclique an die Macht gebracht, die ihre „Nation“ zerstört hat. Harmlosere Formen der vermeintlichen Schaffung von Ich-Stärke sind die Identifikationen mit Popstars, Fußballklubs oder anderen bloß auf die Verkäuflichkeit hergerichteten Idolen.

Das rationale Ichideal, zu dem auch die Ich-Stärke gehört, wäre ein Ich, das sich seiner selbst bewusst ist, sich klar von den anderen psychischen Instanzen und den Ansprüchen der Außenwelt abgrenzen kann und dem die Vermittlung dieser Ansprüche ohne größere seelische Konflikte gelingt. Dies aber hängt nicht allein von der Selbstbildung des Individuums ab, sondern wesentlich auch von den gesellschaftlichen Verhältnissen außerhalb der Psyche und ihrem Niederschlag in ihr.

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Literatur:

Platon: Phaidon
Aristoteles: Über die Seele
Laplanche/Pontalis: Das Vokabular der Psychoanalyse, 2 Bde., Ffm. 1975 (alle Zitate aus diesem Werk).

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Letzte Aktualisierung:  08.09.2009