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I. Teil: Die moralische Subjektivität des Menschen

1. Das empirische Ich

Das Ich von empirischen Personen, ihr empirisches Bewusstsein (ein Begriff im Gegensatz zum wissenschaftlichen oder „transzendentalen“ Ich) ist nichts Fertiges, was einfach da ist. Ein Baby z.B. hat kurz nach der Geburt, was seine Sehwahrnehmung betrifft, ein Chaos von Farbpunkten im Bewusstsein, wobei der Begriff Punkt auch schon eine Erschleichung ist, das Baby weiß weder was ein Punkt ist noch was Linien sind. Es ist mit seiner Bewusstseinsanlage auf einem Zustand, der „weniger als ein Traum“ (Kant: K.r.V., A 112) ist. Denn selbst Träume von Erwachsenen enthalten strukturierte Dinge, auch wenn deren Zusammenhang unrealistisch verzerrt erscheint. Durch Berührungen der Mutterbrust oder einer Klapper, die über seinem Kopf hängt, macht das Baby erste Raumerfahrungen, wenn es krabbeln kann, korrigiert es durch den Tastsinn  die Sehwahrnehmung usw., sodass es allmählich mit seinen motorischen Fähigkeiten auch die Raumwahrnehmung erweitert. Es kann dann auch ohne den Weg zurückzulegen, allein mit seiner optischen Wahrnehmung die Entfernung von Stuhlbein zu Tischbein oder zur Tür einschätzen, es hat, wie Kant sagen würde, erste Formen der Anschauung in seinem Bewusstsein, die dem Seheindruck Gestalt geben. Der Weg aber ist noch weit, um wissenschaftlich die Form der Anschauung auf unterschiedliche Zeit- und Raumverhältnisse etwa bei großen Massen und der Lichtgeschwindigkeit, also der Einsteinschen Relativitätstheorie, anzuwenden.

Aber selbst wer sich ein wissenschaftliches Bewusstsein angeeignet hat, wird nicht allein durch dieses bestimmt. Er hat Wünsche, Fantasien, auch Vorurteile, selbst bei dem wissenschaftlichen Denken ist kein Gedanke, der nicht auch mit Emotionen verbunden ist, die meist gar nichts mit den wissenschaftlichen Resultaten selbst zu tun haben und die möglichst nicht in die Forschung oder die Schlussfolgerungen daraus eingehen sollten. Ihn treiben unbewältigte Erlebnisse um, sein Unbewusstes beeinflusst sein Tun. Ängste begleiten sein Alltagsleben, für seinen Lebensstil passende und unpassende Gewohnheiten wirken in ihm, bestimmte Dinge lösen Aggressionen aus, andere ziehen ihn an. Zufällige Begebenheiten lösen Erinnerungen aus, Schuld führt zu Verdrängungen. Die bloß subjektive Identität, die sich an Postkarten, Fotos, Trophäen und anderen Erinnerungsstücken festmacht, ist ein stets sich Veränderndes. Die Rückkehr an Orte, die man lange nicht gesehen hat, zeigt einem, wie verzerrt die Erinnerung doch im Laufe der Jahre geworden ist. Kurz, unser gewöhnliches Alltagsbewusstsein erscheint mehr als Chaos denn als strukturiertes Bewusstsein. Hinzu kommt noch die Überlagerung durch die Medien, die Menschen an übernatürliche Mächte oder ähnlichen Blödsinn glauben machen und die uns „Werte“ der Konkurrenzgesellschaft in spielerischer Form suggerieren.

Die empirische Psychologie versucht in diesem Chaos eine Struktur zu erkennen, Mechanismen, Typenbildungen herauszufinden. Der eine wird zum Melancholiker, der andere zum Hypochonder, Sanguiniker oder Choleriker. Die meisten Menschen sind Mischformen dieser ersten psychologischen Typologie. Da das empirische Bewusstsein durch Zufall geprägt und situationsbedingt ist, bezweifelt Christine Zunke, ob die Psychologie, die wie jede Wissenschaft auf das Wesentliche und die Gesetze der Erscheinungen gehen muss, jemals eine strenge Wissenschaft wird sein können. (Hirnforschung, S. 108, Anm. 21)

Doch wäre unser Bewusstsein tatsächlich bloß ein Chaos, wir würden weder in der Natur, schon gar nicht in einer Industriegesellschaft überleben können. In dem Moment, wo die Menschen etwas Konkretes tun, beim Kochen, Reinigen von Geräten, im Verkehr oder am Arbeitsplatz, ja sogar beim Essen, Ankleiden oder Waschen, müssen sie ihr Bewusstsein objektiv bestimmen, dann müssen sie ihre Form der Anschauung an Sekunden, Minuten, Stunden und Tagen bzw. an Metern und Kilometern, hoch und tief, oben und unten orientieren. Sie müssen die Kategorien in ihrem Denken anwenden – ob sie davon ein Selbstbewusstsein haben oder nicht -, d.h., sie müssen zwischen Substanz und bloßen Eigenschaften (Akzidenzien) unterscheiden können. Wer bloß Farben kennen würde, der könnte nicht zwischen einem Brötchen und einem Stein unterscheiden und würde allein auf sich gestellt verhungern. Neben ihrer Form der Anschauung (Sinnlichkeit) und ihrem Verstand (Anwendung der Kategorien) müssen sie auch ihre Vernunft, das Vermögen zu Prinzipien, betätigen, wenn sie diese oder jene Art der Lebensmittel kaufen, nicht ihr Bewusstsein mit Mystery-Filmen verhöhnen lassen, stattdessen sich über  künstlerisch avancierte Werke einen Lust- und Erkenntnisgewinn schaffen wollen. Und nicht zuletzt müssen sie als aufgeklärte Menschen sich mittels ihrer Vernunft entscheiden, ob sie ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem unterstützen, das sie nicht beherrschbaren Gesetzen unterwirft und mit seinen Schleudertendenzen den Untergang der Spezies Mensch auf diesem Planeten als reale Möglichkeit eröffnet, oder ob sie eine vernünftige Gesellschaft einrichten, in der ewiger Friede besteht, dessen notwendige Bedingung seiner Möglichkeit ein Zustand ist, in dem jeder weitgehend zwanglos nach dem Moralgesetz leben kann, sodass die Menschen größtmögliche Freiheit genießen und nichts dulden, das einen ihrer Mitglieder zum bloßen Mittel für andere werden lässt.

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Letzte Aktualisierung:  08.09.2009